Allgemeine lineare Gruppe

Die allgemeine lineare Gruppe GL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,K)} vom Grad n {\displaystyle n} über einem Körper K {\displaystyle K} ist die Gruppe ( G , ) {\displaystyle (G,\cdot )} bestehend aus der Menge aller regulären n × n {\displaystyle n\times n} -Matrizen mit Einträgen aus K {\displaystyle K}

G = { A M n ( K ) : det ( A ) 0 } {\displaystyle G=\{A\in M_{n}(K):\operatorname {det} (A)\neq 0\}}

zusammen mit der Matrizenmultiplikation als Gruppenverknüpfung

( A , B ) A B , {\displaystyle (A,B)\mapsto A\cdot B,}

M n ( K ) {\displaystyle M_{n}(K)} bezeichnet dabei den Matrizenring. Die Invertierbarkeit garantiert, dass es sich wirklich um eine Gruppe handelt. Die allgemeine lineare Gruppe wird auch mit GL n ( K ) {\displaystyle \operatorname {GL} _{n}(K)} notiert.

Die Bezeichnung GL {\displaystyle \operatorname {GL} } kommt von generell linear oder der englischen Bezeichnung „general linear group“.

Wenn der Körper K {\displaystyle K} ein endlicher Körper F q {\displaystyle \mathbb {F} _{q}} mit einer Primzahlpotenz q {\displaystyle q} ist, so schreibt man auch GL ( n , q ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,q)} statt GL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,K)} . Wenn aus dem Kontext klar ist, dass der Körper R {\displaystyle \mathbb {R} } der reellen oder C {\displaystyle \mathbb {C} } der komplexen Zahlen zu Grunde gelegt ist, schreibt man auch GL ( n ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n)} oder GL n {\displaystyle \operatorname {GL} _{n}} .

Die allgemeine lineare Gruppe und ihre Untergruppen finden Anwendung in der Darstellung von Gruppen sowie in der Untersuchung von Symmetrien.

Untergruppen der allgemeinen linearen Gruppe werden als Matrizengruppen bezeichnet.

Allgemeine lineare Gruppe über einem Vektorraum

Wenn V {\displaystyle V} ein Vektorraum über einem Körper  K {\displaystyle K} ist, schreibt man GL ( V ) {\displaystyle \operatorname {GL} (V)} oder Aut ( V ) {\displaystyle \operatorname {Aut} (V)} für die Gruppe aller Automorphismen von V {\displaystyle V} , also aller bijektiven linearen Abbildungen V V {\displaystyle V\to V} , mit der Hintereinanderausführung solcher Abbildungen als Gruppenverknüpfung.

Wenn V {\displaystyle V} die endliche Dimension n {\displaystyle n} hat, sind GL ( V ) {\displaystyle \operatorname {GL} (V)} und GL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,K)} isomorph. Für eine gegebene Basis des Vektorraums V {\displaystyle V} kann jeder Automorphismus von V {\displaystyle V} durch eine invertierbare n × n {\displaystyle n\times n} -Matrix dargestellt werden. Dadurch wird ein Isomorphismus von GL ( V ) {\displaystyle \operatorname {GL} (V)} auf GL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,K)} hergestellt.

Für n 2 {\displaystyle n\geq 2} ist die Gruppe GL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,K)} nichtabelsch. Für n = 2 {\displaystyle n=2} gilt beispielsweise

( 1 0 1 1 ) ( 1 1 0 1 ) = ( 1 1 1 2 ) {\displaystyle {\begin{pmatrix}1&0\\1&1\end{pmatrix}}{\begin{pmatrix}1&1\\0&1\end{pmatrix}}={\begin{pmatrix}1&1\\1&2\end{pmatrix}}}

aber

( 1 1 0 1 ) ( 1 0 1 1 ) = ( 2 1 1 1 ) {\displaystyle {\begin{pmatrix}1&1\\0&1\end{pmatrix}}{\begin{pmatrix}1&0\\1&1\end{pmatrix}}={\begin{pmatrix}2&1\\1&1\end{pmatrix}}} .

Das Zentrum von GL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,K)} besteht aus den Vielfachen der Einheitsmatrix (mit Skalaren aus K { 0 } {\displaystyle K\setminus \{0\}} ).

Untergruppen von GL (n, K)

Jede Untergruppe von GL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,K)} wird eine Matrizengruppe oder lineare Gruppe genannt. Einige Untergruppen haben besondere Bedeutung.

  • Die Untergruppe aller Diagonalmatrizen, deren Diagonalelemente alle ungleich 0 sind, beschreibt Reskalierungen des Raums.
  • Diagonalmatrizen, bei denen alle Diagonalelemente übereinstimmen und nicht 0 sind, beschreiben in der Geometrie zentrische Streckungen. Die Untergruppe dieser Matrizen ist das Zentrum von GL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,K)} . Nur im Trivialfall n = 1 {\displaystyle n=1} ist sie mit GL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,K)} identisch.
  • Die spezielle lineare Gruppe SL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {SL} (n,K)} besteht aus allen Matrizen mit der Determinante 1. SL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {SL} (n,K)} ist ein Normalteiler von GL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,K)} , und die Faktorgruppe GL ( n , K ) / SL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,K)/\operatorname {SL} (n,K)} ist isomorph zu K × {\displaystyle K^{\times }} , der Einheitengruppe von K {\displaystyle K} (ohne die 0).
  • Die orthogonale Gruppe O ( n , K ) {\displaystyle \mathrm {O} (n,K)} enthält alle orthogonalen Matrizen.
Für K = R {\displaystyle K=\mathbb {R} } beschreiben diese Matrizen Automorphismen des R n {\displaystyle \mathbb {R} ^{n}} , die die Euklidische Norm und das Skalarprodukt erhalten, also orthogonale Abbildungen.

Über den reellen und komplexen Zahlen

Die allgemeine lineare Gruppe GL ( n ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n)} über dem Körper R {\displaystyle \mathbb {R} } oder C {\displaystyle \mathbb {C} } ist eine algebraische Gruppe und damit insbesondere eine Lie-Gruppe über dem Körper und hat die Dimension n 2 {\displaystyle n^{2}} .

Beweis:
GL ( n ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n)} ist eine Untermenge der Mannigfaltigkeit Mat n ( K ) {\displaystyle \operatorname {Mat} _{n}(K)} aller n × n {\displaystyle n\times n} -Matrizen, die ein Vektorraum der Dimension n 2 {\displaystyle n^{2}} ist. Die Determinante ist eine polynomiale und damit insbesondere eine stetige Abbildung Mat n ( K )     K {\displaystyle \operatorname {Mat} _{n}(K)\ \rightarrow \ K} . GL ( n ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n)} ist als Urbild der offenen Teilmenge K × {\displaystyle K^{\times }} von K {\displaystyle K} eine offene, nicht leere Teilmenge von Mat n ( K ) {\displaystyle \operatorname {Mat} _{n}(K)} und hat deshalb ebenfalls die Dimension n 2 {\displaystyle n^{2}} .

Die Lie-Algebra zu GL ( n ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n)} ist die allgemeine lineare Lie-Algebra g l ( n ) {\displaystyle {\mathfrak {gl}}(n)} . Diese besteht aus allen n × n {\displaystyle n\times n} -Matrizen mit dem Kommutator als Lie-Klammer.

Während GL ( n , C ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,\mathbb {C} )} zusammenhängend ist, hat GL ( n , R ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,\mathbb {R} )} zwei Zusammenhangskomponenten: die Matrizen mit positiver und die mit negativer Determinante. Die Zusammenhangskomponente mit positiver Determinante enthält das Einselement und bildet eine Untergruppe GL + ( n , R ) {\displaystyle \operatorname {GL} ^{+}(n,\mathbb {R} )} . Diese Untergruppe ist eine zusammenhängende Lie-Gruppe mit reeller Dimension n 2 {\displaystyle n^{2}} und hat dieselbe Lie-Algebra wie GL ( n , R ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,\mathbb {R} )} .

Über endlichen Körpern

Wenn K {\displaystyle K} ein endlicher Körper mit p {\displaystyle p}  Elementen ist, wobei p {\displaystyle p} eine Primzahl ist, dann ist GL ( n , p ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,p)} eine endliche Gruppe der Ordnung

i = 0 n 1 ( p n p i ) = ( p n 1 ) ( p n p ) ( p n p 2 ) ( p n p n 1 ) {\displaystyle \prod _{i=0}^{n-1}\left(p^{n}-p^{i}\right)=\left(p^{n}-1\right)\cdot \left(p^{n}-p\right)\cdot \left(p^{n}-p^{2}\right)\cdots \left(p^{n}-p^{n-1}\right)} .

Dieser Wert kann beispielsweise durch Abzählen der Möglichkeiten für die Matrixspalten ermittelt werden: Für die erste Spalte gibt es p n 1 {\displaystyle p^{n}-1} Belegungsmöglichkeiten (alle außer der Nullspalte), für die zweite Spalte gibt es p n p {\displaystyle p^{n}-p}  Möglichkeiten (alle außer den Vielfachen der ersten Spalte) etc.

Wenn K {\displaystyle K} ein endlicher Körper mit q = p k {\displaystyle q=p^{k}}  Elementen ist, wobei p {\displaystyle p} eine Primzahl ist, dann ist GL ( n , q ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,q)} eine endliche Gruppe der Ordnung

i = 0 n 1 ( q n q i ) = ( q n 1 ) ( q n q ) ( q n q 2 ) ( q n q n 1 ) {\displaystyle \prod _{i=0}^{n-1}\left(q^{n}-q^{i}\right)=\left(q^{n}-1\right)\cdot \left(q^{n}-q\right)\cdot \left(q^{n}-q^{2}\right)\cdots \left(q^{n}-q^{n-1}\right)} .

Anmerkung: Über dem Ring Z p k {\displaystyle \mathbb {Z} _{p^{k}}} mit p k {\displaystyle p^{k}}  Elementen, wobei p {\displaystyle p} eine Primzahl ist, ist die Gruppe GL ( n , Z p k ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,\mathbb {Z} _{p^{k}})} eine endliche Gruppe der Ordnung

p ( k 1 ) n 2 i = 0 n 1 ( p n p i ) {\displaystyle p^{(k-1)n^{2}}\prod _{i=0}^{n-1}\left(p^{n}-p^{i}\right)} .[1]

Für die allgemeine lineare Gruppe über dem Körper mit 2 Elementen gibt es einige Besonderheiten. Zunächst fallen sie mit den projektiven und speziellen projektiven Gruppen zusammen, das heißt

GL ( n , 2 ) = PGL ( n , 2 ) = PSL ( n , 2 ) {\displaystyle \operatorname {GL} (n,2)=\operatorname {PGL} (n,2)=\operatorname {PSL} (n,2)} .

Insbesondere sind diese Gruppen für n 3 {\displaystyle n\geq 3} einfach und in kleinen Dimensionen bestehen folgende Isomorphismen:

GL ( 2 , 2 ) S 3 {\displaystyle \operatorname {GL} (2,2)\cong S_{3}} , das ist die symmetrische Gruppe S 3 {\displaystyle \mathrm {S} _{3}} mit 6 Elementen.
GL ( 3 , 2 ) PSL 2 ( 7 ) {\displaystyle \operatorname {GL} (3,2)\cong \operatorname {PSL} _{2}(7)} , das ist die einfache Gruppe mit 168 Elementen.
GL ( 4 , 2 ) A 8 {\displaystyle \operatorname {GL} (4,2)\cong A_{8}} , das ist die alternierende Gruppe  A 8 {\displaystyle \mathrm {A} _{8}} mit 20160 Elementen.

Projektive lineare Gruppe

Hauptartikel: Projektive lineare Gruppe

Die projektive lineare Gruppe PGL ( V ) {\displaystyle \operatorname {PGL} (V)} über einem Vektorraum V {\displaystyle V} über einem Körper K {\displaystyle K} ist die Faktorgruppe GL ( V ) / K × {\displaystyle \operatorname {GL} (V)/K^{\times }} , wobei K × {\displaystyle K^{\times }} die normale (sogar zentrale) Untergruppe der skalaren Vielfachen k i d V {\displaystyle k\cdot \mathrm {id} _{V}} der Identität i d : V V {\displaystyle \mathrm {id} :V\rightarrow V} ist mit k {\displaystyle k} aus K { 0 } {\displaystyle K\setminus \{0\}} . Die Bezeichnungen P G L ( n , K ) {\displaystyle \mathrm {PGL} (n,K)} usw. entsprechen denen der allgemeinen linearen Gruppe. Wenn K {\displaystyle K} ein endlicher Körper ist, sind P G L ( n , K ) {\displaystyle \mathrm {PGL} (n,K)} und SL ( n , K ) {\displaystyle \operatorname {SL} (n,K)} gleichmächtig, aber im Allgemeinen nicht isomorph.

Der Name stammt aus der projektiven Geometrie, wo das Analogon zur allgemeinen linearen Gruppe die projektive lineare Gruppe ist, zum n {\displaystyle n} -dimensionalen projektiven Raum über K {\displaystyle K} gehört dabei die Gruppe PGL ( n + 1 , K ) {\displaystyle \operatorname {PGL} (n+1,K)} , sie ist die Gruppe aller Projektivitäten des Raumes.

Ein Spezialfall ist die Gruppe der Möbiustransformationen, die PGL ( 2 , C ) {\displaystyle \operatorname {PGL} (2,\mathbb {C} )} .

Einzelnachweise

  1. Jeffrey Overbey, William Traves and Jerzy Wojdylo: On The Keyspace Of The Hill Cipher. (PDF; 143 kB).